Wärmepumpe im Altbau: Was Fraunhofer-Feldtests für Eigentümer von Bestandsgebäuden zeigen
- hubertushausotter
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Beitrag von Dr.-Ing. Hubertus Hausotter, Erneuerbar Wohnen 4M GmbH
Wärmepumpen zählen zu den Schlüsseltechnologien der Wärmewende. Doch Eigentümer von Bestandsgebäuden stellen oft eine zentrale Frage: Funktioniert eine Wärmepumpe wirklich in meinem älteren Haus – ohne aufwändige Vollsanierung auf Neubaustandard? Feldtests des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE geben hierauf eine klare, datenbasierte Antwort. In mehreren Forschungsprojekten überwachten Wissenschaftler über vier Jahre 77 Wärmepumpen in Ein- bis Dreifamilienhäusern unter realen Bedingungen. Dieser Beitrag fasst die Erkenntnisse praxisnah zusammen – speziell für typische Münchner Bestandsgebäude aus den 1950er bis 1970er Jahren.
Häufiger Irrtum: Wärmepumpe Bestandsgebäude ungeeignet?
Viele Hausbesitzer denken: Ältere Gebäude benötigen hohe Vorlauftemperaturen, Wärmepumpen arbeiten effizient nur bei niedrigen Temperaturen – folglich keine passende Lösung. Diese Annahme vereinfacht die Realität. Die Feldmessungen zeigen: Das Baujahr allein sagt wenig über die Eignung aus. Entscheidend sind die tatsächliche Heizlast, die real benötigten Vorlauftemperaturen und die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Heizflächen. Massive Bestandsgebäude mit teilweise modernisierten Fenstern und Dächern erfüllen diese Kriterien häufig – oft mit überschaubaren Optimierungen.

Die Fraunhofer-Feldtests: Methodik und Ergebnisse
In Projekten wie „WP im Bestand“, „WPsmart im Bestand“ und „WP-QS im Bestand“ führten Forscher Langzeitmessungen durch. Begleitet wurden Anlagen in Alt- und Neubauten mit unterschiedlichen Dämmständen und Heizsystemen (72 Prozent Heizkörper, 26 Prozent Mischsysteme). Überwacht wurden Jahresarbeitszahlen (JAZ), Stromverbrauch, Vorlauftemperaturen und Integration von Photovoltaik – basierend auf viertelstündlichen Daten.
Die Ergebnisse: JAZ-Werte zwischen 2,6 und 5,4, Mittel 3,4 für Luft/Wasser-Systeme – wirtschaftlich attraktiv und mit 64 Prozent CO₂-Reduktion gegenüber Gasheizungen. Luft/Wasser-Modelle schnitten besonders gut ab, Heizstäbe spielten bei milden Wintern eine geringe Rolle.
Parameter | Bestandsgebäude-Ergebnis | Gasheizung-Vergleich |
JAZ (Mittel) | 3,4 | - |
Vorlauftemperatur | 44–50 °C | 60–65 °C |
CO₂-Reduktion | 64% | Referenz |
Heizkörper und Wärmepumpe: Technisch machbar
Fußbodenheizung gilt als Ideal – die Tests widerlegen dies: 72 Prozent der Anlagen nutzten Heizkörper mit vergleichbarer Effizienz. Bei 44–50 °C Vorlauf und ausreichender Fläche funktionieren sie hervorragend. Die typische Heizperiode (0–5 °C) prägt die Jahresbilanz mehr als Extremtage. Angepasste Heizkurven und Abgleich sichern stabile Werte.
Praxisrelevanz für Münchner Bestandsgebäude
Münchens Bestand: Massive Häuser aus den 50er/70er-Jahren mit sanierten Fenstern/Dächern. Oft machbar ohne Vollsanierung. Prüfen Sie: Vorlauftemperatur an Frosttagen, Heizlast, Flächen in Bad/EG. Häufig reichen Abgleich und punktuelle Heizkörper-Anpassungen. Dämmung optimiert, ist aber nicht Voraussetzung.
Planungsschritte für Eigentümer
Heizlast nach DIN EN 12831 berechnen – Überdimensionierung vermeiden.
Vorlauftemperatur messen oder schätzen.
Heizflächen bewerten, Engpässe lokalisieren.
Systemauslegung: Wärmequelle, Regelung, Speicher abstimmen.
Monitoring sichert Langzeiteffizienz.
Typische Planungsfehler in Bestandsgebäuden – und wie man sie vermeidet
Feldtests und Praxiserfahrungen zeigen immer wieder dieselben Effizienzbremsen, die eine Wärmepumpe im Bestand sabotieren:
1. Zu steile Heizkurven
Die Regelung treibt Vorlauftemperaturen unnötig hoch (60+°C statt 45–50°C), die Wärmepumpe muss mehr Strom ziehen. Lösung: Flache Heizkurve einpendeln, mit Monitoring (App/Datenlogger) verfeinern. Häufigster Grund für JAZ unter 3.
2. Fehlender hydraulischer Abgleich
Wärme verteilt sich ungleich, Durchfluss in manchen Strängen zu niedrig – 10–20% Mehrverbrauch. Lösung: Vor Inbetriebnahme von Fachfirma durchführen lassen, danach jährlich prüfen.
3. Überdimensionierung der Wärmepumpe
Zu große Leistung führt zu häufigem Takten, Effizienz sinkt unter 2,5. Lösung: Genaue Heizlastberechnung nach DIN EN 12831, Puffer nur bei hoher Modulation.
4. Ungünstige Speicherlösung
Kombispeicher ohne Trennung Heiz-/Warmwasserkreis verursachen Stagnationsverluste.
Lösung: Getrennte Kreise planen oder Puffer nur bei Warmwasserbedarf.
5. Keine Inbetriebnahme-Optimierung
Falsche Parametrierung bleibt unbemerkt, Probleme schleichen sich ein. Lösung: Erste Heizperiode mit App-Monitoring überwachen, Heizkurve nachjustieren.
Ergebnis: Optimierte Anlagen steigen oft um 0,5–1 JAZ-Punkte – das sind 15–25% weniger Stromkosten. Viele „schlechten“ Wärmepumpen im Bestand sind Nachoptimierungen schlicht unterfordert.
Ausführlicher Selbstcheck für Eigentümer
Schritt 1: Technische Voraussetzungen prüfen
Erreicht Ihre Heizung Komfort bei ≤ 50–55 °C Vorlauf an Kalttagen (-10 °C)? Messung empfohlen.
Liegt eine aktuelle Heizlastberechnung vor (DIN EN 12831)? Ohne das: Unsichere Planung.
Sind Heizflächen in Hauptbereichen (Bad, EG, Schlafzimmer) ausreichend? Prüfen: < 80 W/m² problematisch.
Schritt 2: Optimierungspotenzial bewerten
Ist hydraulischer Abgleich in den letzten 5 Jahren erfolgt? Ohne Abgleich: 10–20% Effizienzverlust.
Nutzen Sie eine flache Heizkurve oder steile Regelung? Steil = höherer Verbrauch.
Gibt es PV-Anlage oder Speicher? Kombination steigert Wirtschaftlichkeit.
Schritt 3: Einordnung
4–6 Ja-Antworten: Wärmepumpe sehr wahrscheinlich geeignet.
2–3 Ja: Mit Optimierungen machbar (Abgleich, Heizkörper).
0–1 Ja: Dämmung/Heizflächen zuerst angehen.
FAQs
Funktioniert Wärmepumpe in Bestandsgebäuden?
Ja, Feldtests bestätigen stabile Effizienz (JAZ ~3,4) bei adäquater Planung. Luft/Wasser-Systeme überzeugen besonders.
Sind Heizkörper geeignet?
Ja, 72% der getesteten Anlagen nutzten Heizkörper erfolgreich – bei moderatem Vorlauf (44–50 °C) und ausreichender Fläche. Fußbodenheizung nicht zwingend.
Dämmung vorab nötig?
Vorteilhaft für Komfort und Effizienz, aber nicht zwingend. Priorisieren Sie Engpässe (Dach/Fenster) vor Wärmepumpe – Reihenfolge entscheidend.
Welche JAZ realistisch im Bestand?
Mittel 3,4 (Spanne 2,6–5,4), abhängig von Auslegung. Optimierte Anlagen erreichen 4+. Vergleich: Neue Gasheizung ~0,9.
Luft- oder Sole-Wärmepumpe?
Luft/Wasser: Einfacher Einbau, gute Feldtestergebnisse. Sole/Wasser: Etwas effizienter, aber Erdarbeiten teuer. Bestandsentscheidung
Quellen
WPsmart im Bestand: Wärmepumpenfeldtest – Fokus Bestandsgebäude und smarter Betrieb - Fraunhofer ISE
Vorstellung der Erneuerbar Wohnen 4M GmbH

Die Erneuerbar Wohnen 4M GmbH unterstützt Sie persönlich und professionell bei jedem Schritt zur Verbesserung der Energieeffizienz Ihres Wohngebäudes – von der ersten Beratung bis zur erfolgreichen Umsetzung. Dr.-Ing. Hubertus Hausotter, Gründer und Geschäftsführer der Firma, ist zugelassener Energieeffizienz-Experte bei der Deutschen Energie-Agentur (dena).
Lassen Sie uns gemeinsam die passende Lösung für die energetische Optimierung Ihres Wohnhauses finden und die Energiezukunft nachhaltig gestalten.
Gerne für Sie da
Als Ihr Energieeffizienz-Experte unterstütze ich Sie dabei, die energetische Qualität Ihres Gebäudes zu analysieren und gezielt zu verbessern. Durch eine fachgerechte Begutachtung werden energetische Schwachstellen identifiziert. Auf Basis dieser Analyse empfehlen wir konkrete Schritte zur Optimierung der Energieeffizienz und begleiten Sie durch alle relevanten Phasen – auch bei der Beantragung möglicher Fördermittel.
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